70 Jahre Deutsche Welle: Staats-Sender muss sparen
Die Zentrale der Deutschen Welle in Bonn
Bild: picture alliance/dpa
Begleitet von Mitarbeiterprotest gegen Sparpläne hat
die Deutsche Welle am Mittwoch ihr 70-jähriges Bestehen
gefeiert. Medienstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sagte am Mittwochabend
beim Festakt im Bundestag, sie wisse, bei den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern gebe es Sorgen, dass der journalistische Standard des
deutschen Auslandssenders angesichts angekündigter Einsparungen
gefährdet sein könnte. "Wir, die Bundesregierung, werden unseren Teil
dazu beitragen, dass die finanzielle Situation der Deutschen Welle
eine gute Grundlage für eine erfolgreiche journalistische Arbeit
darstellt", versicherte Roth.
Die Zentrale der Deutschen Welle in Bonn
Bild: picture alliance/dpa
Bislang ist noch nicht klar, wann die Mittel im Haushalt für das
nächste Jahr feststehen. Die Deutsche Welle (DW) als Auslandssender
soll - in Konkurrenz mit vielen anderen internationalen Sendern und
Angeboten - für eine mediale Präsenz Deutschlands in der Welt sorgen
und das Verständnis für Deutschland fördern.
Bedeutung für freie Berichterstattung weltweit
DW-Intendant Peter Limbourg äußerte in seiner Rede Verständnis dafür, dass am Mittwochnachmittag in der Nähe am Brandenburger Tor Mitarbeiter und Gewerkschafter protestiert hatten. Man sei in Gesprächen und Verhandlungen, um für die Probleme Lösungen zu finden. Personalräte des Senders blieben demonstrativ der Feier fern. An die Politik gerichtet sagte Limbourg, er wünsche sich eine berechenbare mittelfristige Finanzplanung.
Die Vorsitzende des Medienausschusses im Bundestag, Katrin Budde (SPD), sagte beim Festakt, wenn man merke, dass es Konflikte gebe, könne man versuchen, einen zweiten gemeinsamen Weg zu gehen.
Eigentlich war auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet worden -
am selben Tag fand allerdings der Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt
statt. In einer Videobotschaft hob der Kanzler die Bedeutung der
Deutschen Welle für freie Berichterstattung weltweit hervor.
Der Sendestart der Deutschen Welle war am 3. Mai 1953 mit deutschsprachigem Hörfunk auf Kurzwelle
Bild: Deutsche Welle
Kein Rundfunkbeitrag: Aus Steuermitteln finanziert
Limbourg sagte im Vorfeld der Deutschen Presse-Agentur zu den Sparplänen: "Das ist ein Prozess, der ist schmerzlich, gerade für die Betroffenen. Wir müssen es aber tun, damit unser Haus stabil seine Aufgaben weiter machen kann."
Limbourg ergänzte: "Wir sind in der schwierigen Situation, dass wir eben auch durch unsere jährliche Finanzierung unseren Haushalt fürs nächste Jahr jetzt noch nicht kennen und wir deswegen vorsorgliche Maßnahmen ergreifen mussten." Der Sender wird im Gegensatz zu ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht über den Rundfunkbeitrag, sondern aus Steuermitteln finanziert.
Als die Kürzungspläne im März bekanntgeworden waren, hatte
Staatsministerin Roth betont: Der Zuschuss an die Deutsche Welle sei
in den letzten sieben Jahren von rund 300 Millionen Euro auf über 400 Millionen Euro erhöht worden. Allerdings könne es auch keinen
Automatismus von jährlichen Haushaltsaufwüchsen in zweistelliger
Millionenhöhe geben.
Ein altes Radiostudio der Deutschen Welle
Bild: Deutsche Welle
Rund 3700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt
Es geht bei den Sparplänen um 100 Vollzeitstellen an den Inlandsstandorten Berlin und Bonn. Insgesamt sind bei der Deutschen Welle rund 3700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Es handelt sich mehrheitlich um redaktionelle Stellen, aber auch um Mitarbeiter zum Beispiel in der Technik. "Wir müssen das zu Beginn des Jahres 2024 abbauen", sagte Intendant Limbourg der dpa.
Berlin ist demnach stärker betroffen als Bonn. "In Berlin wird das deutsche TV-Programm gestaltet, das wir in Zukunft nicht mehr ausstrahlen werden. Deutsches Programm gibt es aber auf jeden Fall weiterhin." Man wolle online und in Social Media präsent sein.
Auch die Sportredaktion soll - mehrheitlich in Berlin - deutlich verkleinert werden. Ebenso in der Kulturabteilung soll es zu Einsparungen kommen. An den beiden Standorten Berlin und Bonn wolle man zugleich festhalten, Schließungen seien nicht geplant.
Zugleich plant die Deutsche Welle den Aufbau einer Mediathek. Intendant Limbourg sprach von einem Heimathafen für die eigenen Videoangebote, die auf YouTube, Instagram und anderen Formen zu finden seien. Man werde dort mehrere Sprachen anbieten, dazu zählen Arabisch, Englisch, Spanisch und Russisch. "Daran arbeiten wir jetzt, dass wir das in den nächsten ein, zwei Jahren starten können."
In Zeiten von Staatspropaganda weiter wichtig
Gefragt nach einer Ausweitung des Angebots sagte der Intendant der dpa: "Ich glaube, dass noch viel Potenzial für uns in Afrika mit afrikanischen Regionalsprachen ist." Auch aus dem Grunde, "weil in diesen Regionen russische Propaganda und chinesische Staatspropaganda sehr aktiv sind und wir unsere Aufgabe auch darin sehen, dem mit faktenbasiertem Journalismus entgegenzuwirken".
Mit Blick auf den Ukraine-Krieg sagte Limbourg: "Die Gefahr ist immer in solchen Situationen, dass man sich zu sehr auf Europa zentriert." Man habe das eigene Engagement extrem verstärkt im Russischen, Ukrainischen, auf dem Westbalkan und in der Cyberabwehr. "Aber wir dürfen die anderen Weltregionen nicht vergessen." In Russland kann die Deutsche Welle seit Februar 2022 nicht arbeiten, weil die Akkreditierungen entzogen worden waren. Das Büro in Moskau wurde geschlossen.
Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Sender zeigen viel mehr als nur "verpasste Sendungen". Aufwändig produzierte Serien, Dokus und Filme sind heutzutage Pflicht. Wir geben eine Übersicht.
DW - Deutsche Welle Live TV (Deutsch)