Ukraine: Anbieter berechnen Verbindungen wieder
Kurz nach Ausbruch des Angriffskrieges durch Russland auf die Ukraine haben verschiedene Telekommunikationsanbieter reagiert. Als erster teilte die Deutsche Telekom mit, dass Anrufe von Deutschland in die Ukraine (Vorwahl +380) kostenlos sind, ferner werden für Roaming-Aufenthalte in der Ukraine keine Kosten berechnet. Kurz darauf zogen Vodafone und Telefónica nach.
Preiserhöhung zum 1. Juli auf alte Tarife
Am 24. Juni erhielten einige Kunden der Deutschen Telekom eine SMS mit folgendem Inhalt: "Guten Tag Herr (Name), seit 24.02. können Sie übergangsweise bis 30.06. kostenlos zu ukrainischen Vorwahlen telefonieren und SMS versenden. Ab 01.07. wird dies wieder zu den Preisen ihres Mobilfunktarifs abgerechnet. Ihre Telekom". Von dem betroffenen Anschluss war ein einziges mehrminütiges Telefonat mit einer Rufnummer im Vorwahlbereich +380 geführt worden.
Aufgrund dieser SMS haben wir daraufhin bei verschiedenen Anbietern nachgefragt, unter anderem mit dem Hinweis, ob diese Preiserhöhung nicht eine Steilvorlage für die politische Propaganda der russischen Regierung wäre.
Telekom: Gezeigt, auf welcher Seite wir stehen
Szene aus der Ukraine: Eine Frau reist mit dem Zug aus, der Mann muss sein Land weiter verteidigen. Kontakte per Smartphone bleiben wichtig.
Foto: Picture Alliance/dpa/Ukrinform
Ein Telekom Sprecher betonte, dass die Telekom in den vergangenen Monaten nach dem russischen Überfall auf die Ukraine eindrucksvoll gezeigt habe, "auf welcher Seite wir standen und stehen. Ich denke, dass unser Engagement in Deutschland, vor allem aber auch in den direkten Anrainerstaaten Polen, Slowakei, Ungarn und Rumänien sowie den USA vorbildlich ist und weit über das Leistungsspektrum vieler anderer Unternehmen hinaus geht."
Die Umstellung der kostenfreien SIM-Karten auf einen speziell auf die Bedürfnisse der Geflüchteten zugeschnittenen Prepaid-Tarif habe die Telekom am 27. Mai kommuniziert.
Die Nutzer der kostenlosen SIM-Karten werden derzeit in mehreren Chargen per SMS in ukrainischer Sprache über die Wechselmodalitäten informiert und können dann online in den Spezialtarif wechseln.
Zusätzlich habe die Telekom – ebenfalls per SMS, aber in deutscher Sprache – eine sehr überschaubare Zahl von Kunden informiert, dass ab 1. Juli Telefonate und SMS zu ukrainischen Vorwahlen in den „normalen“ Verträgen wieder bepreist werden. "Deutsche SIM-Karten, die in der Ukraine roamen, sind so gut wie nicht mehr existent." Soweit das Statement der Deutschen Telekom.
Vodafone verlängert bis 14. Juli
Vodafone antwortete diplomatisch: "Bis 14.7. bleibt alles wie es ist. Danach wird es ein neues "Angebot" geben. Wie das genau ausgestaltet ist, werden wir bald mitteilen. Ich darf dich daher noch um etwas Geduld bitten."
o2: Ab 1. Juli gelten wieder Standard-Tarife, Ortel-Tarif für Geflüchtete aus der Ukraine
o2/Telefónica teilte uns dazu mit: "Es ist uns ein großes Anliegen, die Menschen in der Ukraine zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen, mit ihren Familien und Freunden verbunden zu bleiben. Als o2 Telefónica haben wir in den vergangenen Monaten mehr als 100.000 SIM-Karten als Soforthilfe für Geflüchtete aus der Ukraine zur Verfügung gestellt. Die damit verbundenen Sonderkonditionen sind 6 Monate ab dem Tag gültig, an dem die SIM-Karte von den Nutzern aktiviert wird. Diese Regelung gilt für alle Karten, die aktuell noch bei Hilfsorganisationen und anderen Partnern bereit liegen, bis zum 30. September 2022.
Seit Beginn des Krieges hat o2 Telefónica zudem allen Kunden Anrufe/SMS in die Ukraine sowie dortiges Roaming kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies gilt bis zum 30. Juni 2022. Ab dem 1. Juli gelten wieder die Standardkonditionen gem. Preisliste des jeweils zugrundeliegenden Tarifs.
Wir setzen unsere Ukraine-Hilfe ab dem 1. Juli für alle Geflüchteten aus der Ukraine fort mit einem neuen Prepaid-Tarif unserer Marke Ortel Mobile, die sich auf internationale Zielgruppen konzentriert. Der Tarif beinhaltet pro vier Wochen 15 GB Datenvolumen, eine Flatrate für Telefonie in alle deutschen Netze sowie 300 Freiminuten für die Telefonie in die Ukraine. Das Angebot kostet monatlich 9,99 Euro und wird über den Kundendienst von Ortel Mobile erhältlich sein."
M-net: Unterstützungsaktion wird verlängert
Schon am 23. Juni teilte das Münchner Unternehmen M-net mit: "Seit dem 1. März 2022 sind alle Festnetz- und Mobilfunkgespräche sowie alle SMS-Nachrichten aus dem Netz von M-net in die Ukraine kostenfrei. Auch das Roaming für M-net Mobilfunkkunden in der Ukraine ist derzeit kostenlos. Vor dem Hintergrund der anhaltenden humanitären und geopolitischen Krise verlängert M-net diese zuletzt bis Ende Juni befristete Sonderaktion um weitere drei Monate zunächst bis zum 30. September 2022.
M-net möchte mit der Verlängerung der Aktion auch weiterhin Unterstützung für die vom Kriegsgeschehen betroffenen Menschen in der Ukraine und für Flüchtlinge aus dem Krisengebiet leisten. Kundinnen und Kunden sollen Kontakt zu ihren Familien und Freunden in der Ukraine halten können, ohne Sorge vor den Kosten haben zu müssen.
Die Befreiung gilt für alle Zielrufnummern mit der internationalen Vorwahl +380. Für M-net Mobilfunkkunden, die sich in der Ukraine aufhalten, fallen darüber hinaus in diesem Zeitraum auch keine Roamingkosten an."
Besonders erwähnenswert: M-net hat kein eigenes Mobilfunkangebot, sondern bietet SIM-Karten im Netz von o2-Telefónica zu eigenen Konditionen an.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Die Festnetz- und Mobilfunkbetreiber haben vorbildlich und richtig gehandelt, als sie sofort nach dem Start des Angriffskrieges die Kosten für Anrufe in die Ukraine und etwaiges Roaming auf Null heruntergeschraubt und mit kostenlosen SIM-Karten und Routern die betroffenen Flüchtlinge unterstützt haben.
Nun finden einige Anbieter, dass es jetzt langsam genug sei und erhöhen ihre Tarife für Anrufe in die Ukraine wieder auf den Stand vor diesem völlig überflüssigen und sinnlosen Krieg. Falls Herr Putin die Zeit findet, sich die Tarifstruktur des Erzfeindes anzuschauen, wird ihm das sicherlich sagen, ich muss nur noch eine Weile durchhalten, dann ist die Ukraine vergessen und ich kann dort machen was ich will.
Vorschlag: Ukraine in die EU-Tarifzone aufnehmen!
Wenn schon die Kostenrechner die Oberhand gewinnen, sollte man das Land Ukraine tariftechnisch sofort in die EU aufnehmen, auch wenn das politisch noch nicht vollzogen wurde. Das würde bedeuten, dass Roaming in der Ukraine künftig im gebuchten Vertragspaket enthalten wäre und Anrufe von z.B. von Deutschland mit Ziel Ukraine maximal 22,61 Cent/Minute kosten dürften.
Zu loben sind hier eindeutig Anbieter wie die Münchner M-Net, die klar kommunizieren, dass ihre günstigen Tarife wenigstens drei Monate weiter gelten. Am besten so lange, bis dieser unselige Krieg hochoffiziell beendet ist. Je schneller, je besser. Vielleicht wollen doch noch weitere Anbieter dem Beispiel von M-net folgen.
Sehr geschickt verhält sich Vodafone. Man lässt sich die Entscheidung bis zum 14. Juli offen. Bis dahin kann man schauen, wie die öffentliche Meinung auf die Tariferhöhung der anderen Spieler im Markt reagiert.
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